Erläuterungen zu meinen Bildern
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Durch meinen Eintritt in das Arbeitsforum Kunst e. V. Garbsen ist mein Interesse an der bildenden Kunst sowie meine Freude am künstlerischen Arbeiten wieder aufgelebt. Bei meiner praktischen Arbeit orientiere ich mich an den thematischen Vorgaben zur Gestaltung von Bildern durch die/den Vorsitzenden des Vereins (wobei ich aber immer häufiger über die Gruppensitzungen hinaus auch zu Hause arbeite).
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In dieser Ausstellung in der Willehadi-Kirche sind Ölbilder zu folgenden thematischen Bereichen zu sehen: Figur im Raum und Metamorphosen (beides waren Arbeitstitel im Arbeitsforum Kunst). Die Bilder, die ich zu dem Thema Metamorphosen erstellt habe, sind jeweils als Umwandlungen von je einem Bild zum Thema Figur im Raum zu verstehen. Hieraus erklärt sich auch die paarweise Hängung der Bilder.
Figur im Raum
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Ende Oktober 1999 fand das 1. Treffen einer neuen Gruppe statt, die die Gruppe ,Landschaftsbilder 1999" ablöste, um sich mit dem Thema ,Figur im Raum" zu befassen. Wenig später (Anfang Dez. 1999) war außerdem der Abgabetermin von Bildern zur Ausschreibung: ,Typisch Garbsen - Bilder einer Stadt". Ich beschloss, in den beiden Themenbereichen (s. o.) an inhaltlich ähnlichen Bildern zu arbeiten. Also begab ich mich auf Motivsuche in unserem Stadtgebiet. Ziemlich bald wurde mir klar, dass ich an dem sozialen Brennpunkt unserer Stadt - dem Stadtteil ,Auf der Horst" - nicht ,vorbeikam". Tagtäglich durchquerte und durchquere ich auch heute noch dieses Stadtviertel mit seiner komplexen inneren Problematik zumeist mit dem Fahrrad, um alltägliche Besorgungen zu erledigen und habe dabei zunehmend durch zahlreiche erfreuliche, aber auch bedrückende Beobachtungen, Begegnungen und Erlebnisse eine Sympathie für dieses Viertel mit all seinen unterschiedlichen Facetten entwickelt. Nicht zuletzt durch meine beiden schulpflichtigen Kinder lernten und lernen meine Familie und ich einige Familien kennen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in diesem Viertel wohnen.
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An einem sonnigen Sonnabendvormittag im Herbst 1999 beschloss ich also, in diesem Stadtviertel auf ,Motivsuche" zu gehen. Aufgrund der Themenvorgabe ,Figur im Raum" für die Bildgestaltung im Winter/Frühjahr 1999-2000 war für mich klar, dass ich Menschen in diesem Stadtgebiet möglichst spontan und ungestellt fotografieren wollte. Zu meiner Überraschung war an diesem sonnigen Spätherbstvormittag der ganze Stadtteil von spielenden Kindern bevölkert. Überall konnte ich sie in der Nähe von Hauseingängen, auf Hinterhöfen sowie auf Straßen und Spielplätzen beobachten. Es faszinierte mich die zum größten Teil ausländischen Kinder (unterschiedlichster Herkunftsländer) in ihrem Spiel oder bei ihren Spaziergängen und Unterhaltungen zu beobachten und ich beschloss, sie möglichst unbemerkt zu fotografieren. Diese Fotos dienten mir dann später als Vorlage für die Gestaltung der Bilder zum Thema ,Figur im Raum". 2 der Bilder waren bereits auf unserer Ausstellung ,Typisch Garbsen" in der Stadtbibliothek Planetenring (Februar/März 2000) zu sehen. Aus all den Kinderbildern wird trotz der jeweiligen Spiel- bzw. Unterhaltungssituation der Kinder deutlich, dass diese Kinder aufgrund ihrer familiären Lebens- und Wohnsituation in komplexen Problemen stecken, die sie oft nicht ohne Hilfe von ,außen" (z. B. Bildungs- und Integrationsarbeit von Kindergärten, Schulen, Kirchen, Vereinen, etc.) überwinden können.
Metamorphosen
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Ende November 2000 erfolgte innerhalb unseres Vereins die Ausschreibung zum Thema ,Metamorphosen" für unsere Jahresausstellung im Februar 2001. Ich beschloss inhaltliche Metamorphosen zu meinen eigenen Bildern (s. o. Kinderbilder zum Thema ,Figur im Raum") anzufertigen, in denen ich zu einer Neuinterpretation der Vorbilder durch die Nachbilder kommen wollte.
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Im Rahmen des Kulturprogramms der EXPO 2000 wurde vom August - November 2000 im Sprengel-Museum Hannover die Ausstellung ,Aller Anfang ist MERZ - von Kurt Schwitters bis heute" während der Weltausstellung einem internationalen Publikum vorgestellt. Das Werk Schwitters' trat hier in einen Dialog mit Arbeiten unter anderem der Pop Art, des Nouveau Réalisme, des Fluxus, der konkreten Poesie; also mit Kunstrichtungen, die ganz wesentlich von Schwitters beeinflusst sind. Von dieser umfassenden Retrospektive des Werkes von Kurt Schwitters, verbunden mit einer Dokumentation seiner Wirkung auf das Kunstgeschehen des 20. Jahrhunderts, wurde ich dazu angeregt, mich bei dem Thema Metamorphosen neben der Ölmalerei auch in den Techniken der Collage und Assemblage zu versuchen.
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In meinen Metamorphosen wollte ich auch meine persönlichen Beobachtungen, Erfahrungen und Erlebnisse auf der EXPO 2000 einbringen. Ich beschloss, die zum Teil extrem langen Warteschlangen vor den einzelnen Länderpavillons zu fotografieren und sie zum Teil gemalt, zum Teil als Collage in meinen Metamorphosen auftauchen zu lassen. Bei meinen EXPO-Besuchen stieß ich sowohl vor als auch in den Länderpavillons auf eine Vielzahl von jeweils landestypischen Figuren, Masken, Kleidern, Stoffen und Ornamenten, die mich sehr faszinierten. Diese fotografierte ich ebenfalls - auch sie sind teils gemalt, teils als Foto-Collage in den einzelnen Metamorphosen wiederzufinden.
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In meinen Assemblagen benutzte ich zur Hervorhebung von bestimmten Bildausschnitten öfter kleine Bilderrahmen, die ich manchmal ornamental bemalte oder beklebte.
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Bei meinen EXPO-Besuchen stellte ich fest, dass viele Länderpavillons in ihrem äußeren Erscheinungsbild den Plattenbauten im Stadtteil Garbsen ,Auf der Horst" verblüffend ähnlich waren und kam so auf die Idee, doch in den Metamorphosen die Garbsener Plattenbauten in unterschiedliche Länderpavillons der EXPO (oder auch umgekehrt) zu verwandeln. Diese ,verwandelten Plattenbauten bzw. Pavillons" habe ich oft mit Ölfarben in landestypischer Farbigkeit gemalt und sie jeweils mit landestypischen Ornamenten bemalt/beklebt (vergl. z. B. hierzu das Bild ,Türkischer EXPO-Pavillon in Garbsen"). In einem anderen Bild ist z. B. ein ganzer Plattenbau in einen schützenden Kimono geschlüpft, in einem anderen Fall habe ich ein Foto von einer EXPO-Halle mit menschlichen ,Warteschlangen" um 90° gedreht, dann gemalt und so in der Metamorphose durch eine Collage in eine Garbsener ,Afrika-Halle" verwandelt.
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Da ich bei meinen Metamorphosen von meinen gemalten Kinderbildern ausgegangen bin, sollten die Garbsener Kinder möglichst oft in den einzelnen Metamorphosen wieder auftauchen. In einem Bild spazieren sie nun als verzauberte russische Püppchen (Matrjoschka) auf den Betrachter zu, in einem anderen Bild hat sich die Garbsener Kindergruppe in eine Ansammlung von kleinen griechischen Tonkrügen verwandelt, die wie gerade eingekauft und abgeladen (zum Teil noch in einem herumstehenden Einkaufswagen) vor einem verwandelten ,griechischen Pavillon" in Garbsen stehen. Die Garbsener Kindergruppe (s. kleine Foto-Collage auf dem Bilderrahmen) freut sich über diesen Einkauf und stellt sich neu zurechtgerückt, stolz lächelnd dem Betrachter des Bildes entgegen.
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In dem ,Kimono-Bild" sind die Garbsener Kinder in dem kleinen Bilderrahmen in einem Foto wiederzufinden. Sie haben sich Masken aufgesetzt und wagen vor ihrem Haus vielleicht ein traditionelles landestypisches Tänzchen.
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In dem Bild ,Türkischer EXPO-Pavillon in Garbsen" integrierte ich ein komplettes Ausgangsfoto und verfremdete es durch die aus dem Müllcontainer emporschwebende Engel-Skulptur (von I. Koman) aus dem türkischen EXPO-Pavillon.
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In einigen Bildern habe ich aus dem Bereich der Kinderbuchliteratur die Technik von Klappbilderbüchern übernommen. So ist in einem Bild der ,italienische Stiefel" (=kartographische Silhouette Italiens) in einem Garbsener Hinterhof aufgetaucht, der die italienische Kultur in Form von aneinandergereihten und herausziehbaren Bildchen (entnommen aus einem EXPO-Prospekt des italienischen Pavillons) mitgebracht hat. Das italienische Mädchen, das in dem Ausgangsbild zu dieser Metamorphose in diesem Hinterhof mit seiner Scheinidylle gespielt hat, sieht nun von dem Fenster seiner elterlichen Wohnung mit staunenden Augen auf den in Garbsen herumstolzierenden Stiefel herab. Der Stiefel verfügt an der Spitze über einen Eingang, in den menschliche Warteschlangen (fotografiert auf der EXPO) wandern wollen, um die italienische Kultur nun nach Ende der EXPO auch auf Garbsener Terrain kennenzulernen.
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Die hier kurz skizzierten technischen Mittel und Gestaltungsideen habe ich in immer wieder neuen spielerischen Variationen und Kombinationen in den einzelnen Metamorphosen angewendet, um wie eingangs erwähnt, zu einer inhaltlichen Neuinterpretation der Vorbilder durch die Nachbilder zu kommen.
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Besonders deutlich wird dieses Vorhaben z. B. bei dem Bild ,Türkischer EXPO-Pavillon in Garbsen". Auf der EXPO habe ich festgestellt, dass gerade der türkische Pavillon mit seiner Konzeption stark gegen die Ausländerfeindlichkeit und für die gegenseitige Akzeptanz aller Länder untereinander eintrat. So mussten z. B. die Besucher des türkischen Pavillons auf der EXPO eine Brücke als symbolisches Bindeglied zwischen östlicher und westlicher Kultur überqueren, um in den türkischen Pavillon zu gelangen. In seiner Selbstdarstellung in diesem Pavillon sieht sich die Türkei als Gastgeberland ebenfalls als solches Bindeglied. Diese Brücke taucht mit den auf Einlass wartenden menschlichen Warteschlangen auch in der Metamorphose als Foto-Collage auf. Die konzeptionellen Standpunkte des türkischen Pavillons habe ich über den Eingangsbereich geklebt und dabei festgestellt, dass sich alle ,Konzeptionspunkte" des türkischen EXPO-Pavillons wie z. B. ,Brücke", ,Salut", ,Kosmos", ,Leben", ,Harmonie" und ,Horizont" (die übrigens in dem türkischen Pavillon sehr raffiniert zumeist von türkischen Künstlern umgesetzt dargestellt wurden) auf das Leben nach dem Motto ,Miteinander statt Gegeneinander" von Ausländern und Einheimischen auch z. B. auf Garbsen übertragen lassen.
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Hierbei ist es insbesondere in Garbsen wichtig, die positiven Auswirkungen der EXPO im Hinblick auf Völkerverständigung zu nutzen und verstärkt Veranstaltungen gegen Fremdenfeindlichkeit zu organisieren. Insbesondere auf multikulturellen Veranstaltungen könnte sich ein reges Miteinander statt Gegeneinander ergeben. Dieses rege Miteinander muss mit einem jeweils ausgeprägten Bewusstsein der eigenen Herkunft und Kultur einhergehen. Daher habe ich die Fenster des türkischen EXPO-Pavillons mit türkischen Ornamenten (fotografiert im EXPO-Pavillon) beklebt und bemalt, um deutlich zu machen, dass sich insbesondere im alltäglichen Leben die Angehörigen fremder Kulturen und Religionen nicht mehr so ,verstecken" sollen. Das Bewusstsein der eigenen Kultur und Herkunft ist meiner Meinung nach Voraussetzung für ein wirkliches ,Miteinander" und kann auch ein Schutz gegen Selbstaufgabe und Resignation sein (dieser Aspekt kommt übrigens z. B. in dem Kimono-Bild besonders deutlich zum Ausdruck. Der Kimono ist hier als Symbol der japanischen Kultur als schützende Hülle dargestellt).
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Ganz wesentlich für ein Gelingen für ein multikulturelles Miteinander statt Gegeneinander scheint mir jedoch nach wie vor auch der Abbau von individuellen inneren Barrieren und Vorbehalten jeweils des Fremden gegenüber zu sein.